Freitag 19. September 2025

Schmutzig und verbeult

Sozialpredigt zum 20. Juni 2025 – Weltflüchtlingstag, Lesejahr C
Autorin:  Dr.in Katharina Renner, KAÖ-Vizepräsidentin

Die Kirche ist keine NGO und soll sich auch nicht wie eine verhalten! Das hören Pfarrgemeinden und Menschen, die sich aus christlichen Motiven für andere einsetzen, oft.  Dabei ist doch der Einsatz für Menschen am Rande der Gesellschaft untrennbar mit unserem Christ-Sein verbunden: Nachfolge ist nicht das, was am Sonntagvormittag passiert. Nachfolge durchdringt unser ganzes Leben. 
So sagt es Jesus im heutigen Evangelium Lk 9,18–24 
18 Jesus betete einmal in der Einsamkeit, und die Jünger waren bei ihm. Da fragte er sie: Für wen halten mich die Leute? 19 Sie antworteten: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija; wieder andere sagen: Einer der alten Propheten ist auferstanden. 20 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete: Für den Messias Gottes. 21 Doch er verbot ihnen streng, es jemand weiterzusagen. 22 Und er fügte hinzu: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er wird getötet werden, aber am dritten Tag wird er auferstehen. 23 Zu allen sagte er: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 24 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten. 

Für wen halten sie mich? Für wen haltet ihr mich? Eine zentrale Frage im gesellschaftlichen Zusammenleben.  


In dieser Bibelstelle erfahren wir, für wen die Menschen Jesus halten. Für sie steht er in der Tradition sehr großer Männer. Jesus wird gesehen als beseelt von Johannes dem Täufer, Elija oder einen der alten Propheten. Für die Jünger ist er sogar der Messias.  

 

Das sind sehr große Erwartungen, die die Menschen an ihn haben, mehr noch sein engstes Umfeld. Da stellt man sich Triumph vor, Glorie, aber sicher nicht das, was kommen wird, nämlich Schande, Schmach und Tod.  
Jesus sagt den Jüngern genau das Gegenteil: Verleugnet euch! Ihr müsst ein Kreuz auf euch nehmen. Als Jünger des Messias habt ihr keine Schonung zu erwarten, ihr habt den schwereren Weg gewählt. Ihr habt euch getäuscht, wenn ihr denkt, dass es ehrenvoll, erhebend, glanzvoll ist, der Messias oder ein Jünger, eine Jüngerin des Messias zu sein. Ihr stellt euch das Falsche unter dieser Rolle vor.  


Was bedeutet das dann für uns, als Christ:innen, als Mitglieder eine Kirche? Einer Kirche, die sich lange in einer glanzvollen Rolle gefallen hat, und die immer noch viel Glanz verbreitet. Wir haben es beim Begräbnis von Papst Franziskus und der Amtseinführung von Papst Leo XIV gerade erst erlebt.  
Aber wir haben auch noch gut in Erinnerung, was Papst Franziskus gesagt hat: „Mir ist eine ‚verbeulte' Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist.“ 


Ich denke, von diesem Kirchenbild können wir uns einiges abschauen. Welche Rolle spielt unsere Gemeinde in der Nachbarschaft? Gehen wir hinaus auf die Straße, sind wir ansprechbar für die Menschen? Sind wir ansprechbar für Menschen, die vielleicht nicht gut riechen, die vielleicht etwas seltsam sind, vor denen sich andere fürchten? Oder ist uns unsere Sicherheit wichtiger?  


Wie mischen wir uns in die öffentliche Diskussion ein, gerade wenn die Rede auf Menschen am Rande kommt? Sind wir diejenigen, die laut für die Rechte von Menschen eintreten, bei denen gespart wird? Oder wenn Menschen, die neu in Österreich sind, zu Sündenböcken für soziale Probleme gemacht werden? Wo stehen wir auf und sagen: Das ist nicht christlich! Das ist nicht das, was Jesus gewollt hätte! 


Papst Franziskus hat recht, damit macht man sich schmutzig. Oft im wörtlichen Sinn, wenn man Menschen in Not unterstützt. Das Wissen alle, die schon einmal Mahlzeiten ausgegeben haben oder den Schlamm geschaufelt haben nach einem Hochwasser. Aber auch im übertragenen Sinn. Denn angenehm ist es sicher nicht, wenn man für diejenigen am Rande die Stimme erhebt. Man macht sich angreifbar, ist lästig. Schon allein innerhalb der Pfarrgemeinde ist es schwer. Sich schmutzig machen heißt, Diskussionen zu führen – denn wir wissen, wir sind hier sehr divers und oft unterschiedlicher Meinung. Wahrscheinlich finden wir keinen gemeinsamen Standpunkt. (Dann sind wir zumindest ins Gespräch gekommen.) 


Manchmal lehnt man sich auch zu weit aus dem Fenster und übertreibt mit den eigenen Ansichten, und bekommt verbale Prügel dafür. Das ist dann vielleicht das Verbeulte, von dem Franziskus gesprochen hat.  
Aber in all diesen Fällen gilt: Wir sind nicht Kirche, weil wir in Glanz und Glorie oder in Bequemlichkeit leben möchten. Wir sind in der Nachfolge Jesu Christi. Wer ihm nachfolgt, tut dies nicht um irdischer Anerkennung willen. Nachfolge heißt, das eigene Leben gering zu schätzen und sich ganz in die Lebensweise Jesu zu begeben.  


Leben wie Jesus heißt nicht, bestimmte Regeln zu befolgen. Die gibt es nämlich nicht, einmal abgesehen von den 10 Geboten. Für ein Leben in der Nachfolge gibt es keine Checkliste, die ich abhaken kann, und dann gibt es den Lohn. Nein, diese Nachfolge soll mein ganzes Leben erfüllen, Jesus fordert uns auf, als ganzer Mensch, mit unserem ganzen Leben nachzufolgen. Und damit unser Leben zu verlieren, um das Leben zu gewinnen.  


Zum Glück gibt es Wegweiser entlang des Weges. Jesus hat uns viele geschenkt. Zum Beispiel, unserem Nächsten mit der Haltung der Barmherzigkeit und Liebe zu begegnen. Auch Franziskus hat uns mit seinem Satz von der verbeulten Kirche einen Wegweiser geschenkt.  
Ich wünsche uns also, dass wir uns voll auf dieses Leben einlassen, dass wir keine Angst vor Schmutz und Beulen haben, im Vertrauen, dass wir diesen Weg nicht alleine gehen müssen.  

 

Sozialpredigt Download
 

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