Freitag 19. September 2025

Der gute Hirte

Sozialpredigt

zum 4. Sonntag i. d. Osterzeit (11. Mai 2025), Lesejahr C
Autorin:  Eva Bauernfeind-Schimek

27 Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir. 28 Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen und niemand wird sie meiner Hand entreißen. 29 Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen. 30 Ich und der Vater sind eins. (Einheitsübersetzung 2016)


Jesus sagt: „Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir.“

 

 Das Bild des Hirten steht in der Bibel oft für jemanden, der verantwortungsvoll anleitet und um das Wohl seiner Gemeinschaft bemüht ist. Der „gute Hirte“, also auch Jesus, verkörpert Selbstlosigkeit, mit der seine sprichwörtliche „Herde“ im Auge behält – ganz im Gegensatz zu jenen, die sich ausschließlich engagieren, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen, aber in Krisenzeiten oder bei Gegenwind abtauchen; ein Phänomen, das sicher schon viele von uns beobachtet haben, ob im privaten oder im weiteren gesellschaftlichen Umfeld. 

 

Ob in Kirche oder Politik – Persönlichkeiten, die ehrlich und glaubwürdig ein Beispiel setzen, stärken unser Vertrauen und geben uns das gute Gefühl, auf sie „hören“ zu können – und von ihnen gehört zu werden. Viele fühlen sich aber eben nicht mehr gehört, und diese Lücke wird von den unzähligen Stimmen, nicht zuletzt in den Medien und sozialen Netzwerken, gefüllt.

 

 Viele Gesellschaften sind gespalten, weil verschiedene Gruppen unterschiedlichen „Stimmen“ folgen. Manche Menschen in machtvollen Positionen spalten bewusst, um Einfluss zu gewinnen, statt eine gemeinsame Orientierung zu bieten. Jesu Bild vom guten Hirten zeigt einen anderen Weg, der verbindet und dient, anstatt zu manipulieren oder auszunutzen.


Gerade in verunsichernden Zeiten wie diesen können wir uns verloren, verlassen und orientierungslos fühlen. Stellen wir uns also die Frage: Wen betrachten wir als unsere „Hirt:innen“? Wem folgen wir, auf wen hören wir, und warum? Vom wem erhoffen wir uns Richtung und Beziehung? Wem vertrauen wir? Und ist es klug, wem auch immer, unwillkürlich zu folgen? 

 

„Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir“ – diese Bibelstelle kann als Aufforderung verstanden werden,  Verantwortung zu übernehmen, Menschen nicht im Stich zu lassen und langfristig für das Wohl aller zu handeln. „Hirt:innen“ zu sein, die nachhaltige und verantwortungsbewusste Ziele verfolgen. 

 

Natürlich sind wir alle eingeladen, auf Jesus zu „hören“, nicht nur diejenigen, die „leiten“; in unserem Alltag können wir Entscheidungen treffen, in denen wir ihm und seinem Weg der Nächstenliebe nachfolgen. Vertrauen wir ihm auch in schwierigen Situationen und auf herausfordernden Wegen. Stellen wir uns der Herausforderung, jenen zu folgen, die auch Jesus nachfolgen, in Solidarität und in der Verbindung von Gottes- und Nächstenliebe. Jenen, die Haltung zeigen und die als Christ:in und Mensch einen Unterschied machen. 

 

Übrigens: Das Wort „kennen“ oder „erkennen“ hat im Hebräischen eine tiefe Bedeutung. Es bedeutet nicht nur, zu wissen, wie der andere heißt oder wie er lebt, es bedeutet Intimität und Beziehung. Jesus Christus zu erkennen, bedeutet, ihm auf seinen Weg zu folgen, er lädt uns ein, im Vertrauen zu ihm zu wachsen. Auch das „Hören“ ist nicht nur akustisch gemeint, sondern steht für ein tiefes Verstehen und Vertrauen.


Auf jemanden „zu hören“ bedeutet eine aktive Entscheidung – kein kritikloses sich fügen, sondern bewusste Nachfolge aus Überzeugung. Zu folgen – für manche ist das ein Verlust an Freiheit und könnte sogar als Bevormundung interpretiert werden. Andere hingegen spüren Erleichterung ob der Leitung durch einen Hirten oder eine Hirtin, der oder die eine scheinbar chaotische Herde zusammenhält, und verlassen sich gerne auf einen solchen Anführer. Möchten die einen als Schaf nicht Teil eines in ihren Augen zu fügsamen
Kollektivs sein, so fühlen sich viele gerade heutzutage gern einer Community zugehörig, die ihnen Identifikation und Orientierung schafft. 

 

Gerade deshalb ist es so wichtig, auf die richtigen Stimmen zu hören – auf eine Stimme, die Liebe, Fürsorge und Sinn für Gemeinschaft vermittelt. Hinterfragen wir kritisch, welche Leitung wirklich auf das Wohl aller Menschen ausgerichtet ist. 

 

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